Der digitale Nachlass

Joachim Kleinrahm
Mai 2016

Das Problem tritt immer häufiger zu Tage:

Was geschieht eigentlich mit den elektronischen Daten nach dem Tod einer Person? Wem gehören sie? Werden sie auf sozialen Medien gelöscht? Wer kümmert sich darum?

Die Antwort ist schwierig. Für Daten gibt es keine spezielle Regelung im deutschen Erbrecht, auch im europäischen Erbrecht findet man so etwas nicht. Also behilft man sich zunächst mit den bisherigen Regelungen des Erbrechtes, die allerdings zu einer Zeit geschaffen wurden, zu der man an elektronische Daten noch lange nicht dachte.

1. Zentrale Vorschrift ist § 1922 BGB, wonach mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) übergeht. Damit stellt sich die erste Frage: Sind elektronische Daten Vermögen? Betrachtet man die Geschäftsmodelle großer Internetanbieter, ist die Antwort eindeutig: Selbstverständlich sind elektronische Daten Vermögen. Das liegt schon daran, dass der Begriff des „Vermögens“ in § 1922 BGB eher weit ausgelegt wird.

2.Relativ einfach ist das mit Daten, die der Erblasser auf Hardware gespeichert hat, wie Festplatten oder andere Speichermedien. Der Erbe erbt das Eigentum an diesen Speichermedien und damit auch die darauf gespeicherten Daten.

3. Schon schwieriger wird das bei der Frage des E-Mail-Accounts und der E-Mails. Hier wird man allerdings ebenfalls annehmen müssen, dass der Erbe diese Daten erbt. Zum einen wird man hier einen Vergleich ziehen können zu Briefen, die sich im Eigentum des Erblassers befinden (diese gehen auch in das Eigentum des Erben über), zum anderen wird es mit E-Mail-Providern einen oder mehrere Verträge geben, die den Erblasser zur Nutzung des Accounts berechtigt haben. Auch diese Verträge gehen dann auf den Erben über. Dabei wird man allerdings auch prüfen müssen, inwieweit durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der einzelnen Provider dieses Problem möglicherweise schon geregelt ist. Höchstrichterliche Entscheidungen gibt es zu diesem Problem jedenfalls nicht.

4, Was aber ist mit Daten, die bei Facebook. Twitter, Google und Co. liegen? Die Frage wird danach zu beantworten sein, in wie weit diese Daten schon zu Lebzeiten des Erblassers überhaupt ihm selbst gehört haben. Dazu wird man ggf. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der einzelnen Unternehmen prüfen müssen. Diese Arbeit wird sicher nicht dadurch erleichtert, dass die Geschäftssitze dieser Unternehmen regelmäßig nicht in Deutschland liegen.